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Digitale Nachbarschaft in Wohnbaugenossenschaften – ein Praxisbeispiel

Neulich war ich bei einem Lokaltermin der Genossenschaftssiedlung Zwischenbächen im Kreis 9. Dort wurde mir ein Thema nähergebracht, das ich bisher kaum mit gemeinnützigem Wohnbau verbunden habe: digitale Nachbarschaft. Was ich in der Siedlung erlebt habe, zeigt, wie digitale Technik das gemeinschaftliche Wohnen ganz konkret unterstützen kann – ohne Schnickschnack, dafür mit spürbarem Nutzen im Alltag.
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Kürzlich bin ich selbst in einen Neubau gezogen. Mit allem, was heute dazu gehört – Fernwärme, kontrollierte Lüftung, digitale Gegensprechanlage. Ich dachte: das sei Stand der Technik. Der Besuch in der Siedlung Zwischenbächen hat mir gezeigt, wie viel weiter man gehen kann – besonders, wenn man Technik so einsetzt, dass sie das Zusammenleben stärkt.

Zwischenbäche: Digitalisierung im gemeinnützigen Kontext

Das System bringt Struktur in den Alltag und Transparenz ins Miteinander. Dass solche digitale Werkzeuge ausgerechnet im genossenschaftlichen Wohnbau zum Einsatz kommen, ist keine Selbstverständlichkeit. Zwischenbächen zeigt, dass es funktionieren kann – wenn die Technik den Menschen dient und nicht umgekehrt.

Die Siedlung ist ein Ersatzneubauprojekt der Baugenossenschaft für neuzeitliches Wohnen (bgnzwo). Was hier besonders auffällt: Die Haustechnik ist vernetzt, nicht als Spielerei, sondern als Bestandteil eines nachhaltigen, gemeinschaftlich gedachten Wohnalltags. Herzstück ist die App Allthings. Über sie werden Waschmaschinen reserviert, Gemeinschaftsräume gebucht, Reparaturen gemeldet und sogar der Strom- und Warm- und Kaltwasserverbrauch jeder Wohnung angezeigt.

Technik trifft Alltag: Was läuft rund, wo hakt’s noch?

Wie bei jeder neuen Technologie gab es auch hier Anlaufschwierigkeiten. Gerade beim Start sorgte die digitale Waschmaschinen-Reservation für Verwirrung – acht Personen gleichzeitig im Waschraum, aber keine Buchung. Die Lösung: Wer sich nicht mit der App anfreunden will, kann mit einer einfachen Waschkarte waschen. Nicht ganz so komfortabel, da keine Vorreservation möglich ist, aber dafür niederschwellig.

Natürlich läuft nicht alles immer reibungslos. Frühmorgens im August 2024 fiel der Strom aus – das Notlicht funktionierte, doch gleichzeitig wurde ein automatischer Alarm ausgelöst. Die Bewohner*innen standen verunsichert im Treppenhaus. Der Alarm liess sich nur mit einem speziellen Schlüssel abstellen, der war unauffindbar. Die Lösung: Kunststoffscheibe einschlagen. So zeigt sich, dass auch gut durchdachte Systeme auf den Ernstfall vorbereitet sein müssen und dass Mensch und Technik Zeit brauchen, um sich aufeinander einzuspielen.

Heute sind diese Kinderkrankheiten Geschichte. Im Alltag funktioniert das System und bringt Klarheit und Komfort in viele Situationen des Wohnalltags.

Digitalität als Brücke: Wie die App das Miteinander verändert

Was mich besonders beeindruckt hat: Die Technik bringt die Leute ins Gespräch. Die App zeigt auch den eigenen Strom- und Warm- und Kaltwasserverbrauch – und viele vergleichen sich damit untereinander. Das bleibt nicht beim Zahlenstudium, sondern führt zu Austausch und sensibilisiert. Tipps machen die Runde. Wer spart wie?

Diskussionen über Waschzeiten oder Energienutzung finden nicht am schwarzen Brett statt, sondern im Chat oder direkt per App-Nachricht. Das verändert die Nachbarschaft von der reinen Wohnform hin zu einer digital vernetzten Gemeinschaft.

Besondere Bedürfnisse, smarte Lösungen

Nicht nur aus ökologischer Sicht bietet die Siedlungs-App Vorteile. Besonders eindrücklich ist der Nutzen von SmartHome. Mit dieser App kann die Ansteuerung von Beleuchtung, Storen, Beschattungsautomatik und Bodenheizung erfolgen. Für Bewohner:innen mit besonderen Bedürfnissen, z.B. mit einer Sehbehinderung, können diese Funktionen auch sprachgesteuert bedient werden. Das erleichtert den Alltag und schafft Selbstständigkeit. Gerade im gemeinnützigen Wohnbau ist das ein starkes Signal. Hier geht es nicht nur um Effizienz, sondern auch um Teilhabe. Die digitale Infrastruktur ermöglicht Lösungen, die individuell angepasst werden können – und das unabhängig vom Alter oder von körperlichen Voraussetzungen.

Bei hohem Sonnenertrag könnte der überschüssige Solarstrom der Photovoltaikanlage künftig gezielt genutzt werden – etwa indem die App reduzierte Waschtarife per Push-Nachricht ankündigt.

Was wir aus Zwischenbächen lernen können

Zwischenbächen ist kein High-End-Projekt mit riesigem Budget – und genau das macht es so interessant. Die Siedlung zeigt, wie digitale Nachbarschaft auch im gemeinnützigen Wohnbau funktionieren kann: praxisnah, alltagstauglich, offen für alle.
Wichtig ist weniger die Technik an sich, sondern wie sie eingeführt und genutzt wird. Eine App allein macht noch kein gutes Zusammenleben. Aber wenn sie hilft, Räume zu teilen, Ressourcen zu sparen, miteinander ins Gespräch zu kommen – dann entsteht Mehrwert. So plant die Genossenschaft überschüssigen Solarstrom gezielt zu vergünstigten Tarifen anzubieten – beispielsweise tagsüber bei hohem Ertrag. Wer seine Wäsche dann wäscht, profitiert von reduzierten Kosten. Eine Art «Wasch-Happy-Hour» für Flexible.
Die Erfahrung zeigt: Der Weg zu einer vernetzten Nachbarschaft führt nicht über Perfektion, sondern über Beteiligung und Offenheit.

Im Vergleich zu «meinem eigenen» Neubau fällt auf: Während dort gewisse digitale Elemente vorhanden sind, fehlt die durchgängige Integration. Zwischenbächen macht vor, wie ein digitales System gezielt eingesetzt werden kann, um das Zusammenleben zu strukturieren und gleichzeitig inklusiv zu bleiben. Ein Modell, das Schule machen könnte – auch ausserhalb der Genossenschaftswelt.

Alltings-App: Alles im Griff

Die App bündelt Funktionen, die den Alltag erleichtern: Raumreservation, Verbrauchsanzeige, Kommunikation, Reparaturmeldungen. Gleichzeitig bleibt der Zugang niederschwellig – analoge Alternativen bestehen weiter. Ausserdem bietet die App:

  • Reparaturen einfach melden
  • Infos und Dokumente der Siedlung gebündelt an einem Ort
  • Direkter Draht zur Verwaltung
  • Austausch mit Nachbar*innen
  • Buchung von Gemeinschaftsräumen

Andere App-Lösungen wie beUnity oder Flink bieten teils ähnliche Funktionen setzen aber stärker auf soziale Vernetzung und Partizipation. Allthings hingegen konzentriert sich auf die praktische Hausverwaltung.

Alles im Blick: Allthings bündelt zentrale Funktionen – vom Energieverbrauch über die Waschmaschinenbuchung bis zum direkten Zugang zu Siedlungsinfos.